Wir wechseln die See

Ein erster Landgang nach rauher See

Ralf

4 Min. Lesedauer

Bevor ich mit Tag 2 beginne, möchte ich noch einen Nachtrag zu Tag 1 liefern: Während ich wie versprochen nach einer Lösung für die Bebilderung sorgte, wurde die See merklich rauer. Was zuvor wie eine Busfahrt anmutete, bekam in kurzer Zeit dann doch den Charakter einer Seefahrt. Allerdings eine der ruhigeren Art. Zwar zurrte und zog, bog und drückte es Kabine und Koje das es eine Lust war, doch war es weit entfernt davon, anstrengend oder gar schlimm anzumuten. Jedenfalls konnte ich nach getanem Werk (zwei Fotos sind in den Bericht von gestern bereits eingearbeitet) trotz oder vielleicht auch gerade wegen der Schaukelei ruhig schlafen.

Und zwar so gut, dass ich den planmäßigen Halt um vier Uhr in der Früh in Florø nicht bewusst wahrgenommen habe. Womit wir am heutigen Tag angekommen sind. Tourseitig ging es von Florø weiter nach Måloy und dann nach Torvik. Diese Stops waren weniger interessant, da die Anlegezeiten nur je 15 Minuten betrugen. Da bleibt Zeit, dass Schiff ein wenig vorzustellen. Fangen wir mit meiner Kabine an. Gestern schrieb ich bereits, dass sie ausreichen Platz bietet und zweckmäßig eingerichtet ist. Hier könnt ihr euch ein Bild davon machen. Ich lasse die drei Bilder einmal unkommentiert im Raum stehen.

Neben dem schon gestern beschriebenen Panoramaraum gibt es eine Reihe von Aufenthaltsräumen, die teils mit Bar ausgestattet sind. Die Bars öffnen zu unterschiedlichen Zeiten, so dass man stets einen ruhigeren Raum finden kann. Alle öffentlichen Räume sind mit gemütlichen Polstern ausgestattet, was die Ruhe unterstreicht und die Aufmerksamkeit genussvoll auf die außen vorbeiziehenden Landschaften lenkt. Überhaupt wird Ruhe auf diesem Schiff recht groß geschrieben. Es gibt zwar jeden Abend irgend eine Live-Musik, die ist aber eher klassisch orientiert. Partyschiff ist also Fehlanzeige. Hat auch kein Mensch mit gerechnet. Schließlich liegt der Altersdurchschnitt hier bei gefühlt 60+ Jahren.

Wenn ich schon über vorüberziehende Landschaften spreche, dann will ich auch welche zeigen. Vorab aber ein paar Bilder vom ersten Landgang. Nachdem wir die Nordsee verlassen und die Norwegische See erreicht hatten, ging es von Torvik nach Ålesund. Ålesund ist ein Ort mit knapp 43.000 Einwohnern und hat viele Häuser, die im Jugendstil errichtet wurden. Da wir hier ganze drei Stunden Aufenthalt hatten, habe ich die Gelegenheit und Kamera beim Schopf gepackt und bin auf’s Festland gegangen. Um es kurz zu machen: Jugendstilhäuser gab es zu sehen, sonst waren in der Zeit keine Höhepunkte zu entdecken. Eineinhalb Stunden (ich musste ja noch zu Mittag essen) reichen einfach nicht, um sich ein Bild von einer Stadt zu machen. Außer vielleicht in Duisburg?

Von Ålesund ging es weiter nach Molde. Das war eine Strecke, bei der man so richtig die Seele baumeln lassen konnte. Mit einem Pott Tee vor dem großen Panoramafenster sitzen und zusehen, wie die Romsdalsalpen im Romsdalsfjord an einem vorbei ziehen – ein herrliches Bild (wie ein altehrwürdiger Kommentator des Kölner Rosenmontagszuges mindestens zehn mal bei jeder Übertragung sagen musste). Ihr glaubt nicht, was es mich für Überwindung gekostet hat, immer mal wieder die Kameras rauszuholen, nach draußen zu gehen und die Fotos zu machen, die ich euch jetzt in kleiner Auswahl hier zeige. Zumal das Fotografieren bei den gegenwärtigen Wetterbedingungen und der Tatsache, dass im Norden eben nicht so viel natürliches Licht vorhanden ist wie in unseren Breiten, sich ausgesprochen schwierig gestaltet. Das gepaart mit einem wackeligen Schiff lässt eine einige Versuche machen, bis das Bild einigermaßen im Kasten ist. Wer hier auf Automatik baut, ist meistenteils verloren. Die Automatik kennt nur ein Ziel: Mach alles im Schnitt mittelgrau. Bei den hier vorherrschenden Farben und Abstufungen geht da fast jeder Kontrast verloren. Eine weiße Schneedecke sollte eben weiß bleiben, auch wenn der Felsen unterhalb Dunkelgrau, der Himmel aber diverse Abschattungen von Grau aufweist.
Wenn man das so liest, könnte man meinen, es wäre hier alles nur grau in grau. Dem ist auch so. Zumindest, wenn die Wolkendecke geschlossen ist. Dennoch wird es nicht langweilig und bleibt stets faszinierend. Die Küste ist unglaublich zerklüftet und alle paar 100 Meter tun sich neue Wasserwege auf. Kein Wunder, dass die Wikinger so schwer zu packen waren. Hier jemanden zu suchen, dessen Aufenthaltsort man nicht genau kennt, scheint ein hoffnungsloses Unterfangen.

So, gerade legen wir in Kristiansund an. Ich werde mir einen weiteren Tee gönnen und im Panoramaraum ein nettes Plätzchen suchen. Von dort werde ich dann diesen Beitrag veröffentlichen, denn da gibt’s WLAN. Ihr wisst ja jetzt auch bildlich (siehe z. B. gestrigen Beitrag), wo ich mich befinde …