Treetop Walk
Ein Ausflug in die Baumkronen des Regenwalds

Dieser Tag begann mit einer absolut traurigen Meldung. Unsere Freundin Andrea ist verstorben. Wir und unsere Kinder, welche Andrea schon in frühen Tagen gerne und mit Liebe betreut hat, hatten bis zuletzt eine sehr enge Beziehung zu ihr. Sie musste viel zu früh sterben. Andrea hat wie wir Australien geliebt und eigentlich geplant, dieses wunderbare Land nächstes Jahr noch einmal zu besuchen. Es sollte wohl nicht mehr sein.
Entsprechend traurig und geknickt ging es zum Frühstück und an die Planung des heutigen Tages. Der Nationalpark, die alte Lightstation und ein Baumwipfel Walk wollten wir auf jeden Fall in der Zeit, in der wir hier sind, unternehmen. Im Informationszentrum konnten wir dann auch gleich neben einer Geländekarte mit Wanderwegen Eintrittskarten für die Lightstation und den Treetop Walk erwerben. Zudem haben wir dann auch noch gleich unseren Aufenthalt um eine Übernachtung verlängert. Das war zwar etwas kompliziert, weil die erste Buchung von zwei Nächten von booking.com auf zwei Einzelbuchungen aufgeteilt wurde und wir eigentlich hätten auschecken müssen, aber … Die Aussis sind eben unkompliziert und hilfsbereit, zumindest die, die wir bisher kennengelernt haben. Nach etwas Papierkram und hin und her am Computer hatte die Dame an der Rezeption es geschafft, dass wir das aktuelle Zimmer für diesen Tag weiter behalten können. Morgen müssen wir dann allerdings ein anderes Zimmer, das über dem jetzigen liegt, beziehen. Das heißt natürlich auch: check out, check in mit entsprechender zimmerlosen Pause zwischendurch. Ist aber nicht schlimm, da wir eh nur kleines Gepäck in Benutzung haben. Die Koffer bleiben seitdem wir Melbourne verlassen haben im Auto.
Der Plan für heute lautete dann Treetop Walk. Im gemäßigten Regenwald dieser Region gibt es einen Weg, der zum Teil über einen Hochweg durch den oberen Bewuchs und die Baumwipfel des Regenwaldes führt. Der Hochweg erreicht eine Höhe von ca. 25 Meter und ein darauf aufgesetzter Aussichtsturm bringt es dann auf stolze 47 Meter. Diesen Weg wollte meine Holde, die bekanntlich unter Höhenangst leidet, mit mir gehen. Wohl an!
Die Anreise erfolgte durch das malerische Hinterland des Küstenstreifens von Apollo Bay. Die grün bewachsenen Hügel erinnerten mich an England und in der heute fast den ganzen Tag scheinenden Sonne sah alles sehr freundlich und frisch aus. Ein wirklich schöner Anblick, bei dem das etwas langsamere cruisen auf den kurvenreichen Straßen doppelt Spaß machte. Am Zielort ging es dann schnell in den Park und erst einmal ebenerdig durch die einzelnen Regionen des Regenwaldes. Ist ja nicht so, als wenn wir das nicht schon gesehen hätten :) Dann aber kam das Gerüst mit dem Gang in die Baumwipfel und Andrea musste mit Schrecken feststellen, dass es nach unten durchsichtig ist. Nicht wirklich gut für jemanden mit Höhenangst. Aber tapfer wie sie nun mal ist, ging sie dicht hinter mir her, den Blick ständig auf meinen Rücken geheftet. So haben wir es dann bis zu der Plattform geschafft, auf der der Aussichtsturm stand. Dort waren die Stufen zwar nicht durchsichtig, aber nach wenigen Windungen an der Wendeltreppe gab Andrea dann doch auf und entschloss sich, auf der Plattform auf mich zu warten. Ein weiser Entschluss, denn oben schwankte der Turm sehr deutlich spürbar. Das wäre Andrea überhaupt nicht gut bekommen. Aber auch schade, denn die Aussicht auf die Baumkronen einiger Riesen in Augenhöhe hatte schon etwas besonderes. So konnte ich eine Nahaufnahme von einem blühenden Riesen machen, der wohl 60-70 Meter Höhe haben mochte. Für die aufmerksamen und schnell rechnenden Skeptiker unter euch: Das war von einer 47 Meter hohen Plattform möglich, weil der Riese einiges tiefer an einem Abhang stand und die Krone sich gut nach oben fortsetzte.
Vom Turm aus ging es dann noch auf das freischwebende Ende einer Plattform über einem Bachbett mit Baumfarnen. Natürlich wieder allein. Auch hier schnell ein paar Fotos gemacht und zurück zu Andrea, die mittlerweile schon mit erheblicher Höhenangst zu kämpfen hatte. Also haben wir den Rückweg zügig und mit nur einer Unterbrechung für ein Foto in bewährter Manier hinter uns gebracht. Andrea war heilfroh, wieder festen Boden unter sich zu spüren und sie schwor, fortan auf alle Aktionen zu verzichten, bei denen man Höhenangst bekommen könnte.
War die Hinfahrt schon malerisch, hatte sich TomTom für die Rückfahrt eine ganz besonders schöne Strecke ausgesucht. Nach einem Abstecher, der uns über eine 12 km lange Gravel Road zu einem Wasserfall bringen sollte, ging es über eine enge, sehr sehr kurvenreiche Strecke mitten durch den Regenwald zurück nach Apollo Bay. Dadurch, dass man eine sehr sehr kurvenreiche und enge Straße auch sehr sehr langsam durchfährt, konnte Andrea diese Route genießen und war genau so begeistert wie ich. Alles was noch fehlte, war ein wenig Wildlife in Form von Koalas oder so. Diesmal war uns das Glück hier aber leider nicht hold. Wohl aber in Apollo Bay. Nach der Ankunft entschlossen wir uns, vor dem Dinner noch an den Strand zu gehen. Einem kleinen ausgetretenen Pfad folgenden schreckte ich mit einem Mal zurück. Vor mir auf dem Boden nahm ich zwei Schlangenköpfe war. Die den Köpfen zugehörigen Körper passten aber von den Proportionen irgendwie nicht zu dem, was ich mir unter Schlangen vorstellte. Die Musterung wiederum konnte zu einem Python gehören. Doch die Körper waren für ihre Länge eigentlich viel zu dick. Hab also erst einmal Fotos mit dem Handy gemacht und wir haben einen anderen Weg zum Strand gewählt – Andrea mag Schlangen oder alles, was wie Schlange aussieht und noch lebt, überhaupt und gar nicht, ein absolutes no go! Beim Essen ließ mich der Gedanke an diesen komischen Körperbau nicht los. Junge Schlangen sind nicht dick und kurz. Da stimmte was nicht und so war es nur folgerichtig, dass wir nach dem Essen noch einmal den Platz aufsuchen mussten. Tatsächlich lagen die beiden noch da. Aber diesmal hatten sie sich verraten, denn einer der beiden ließ ein Bein heraushängen. Schlangen haben keine Beine, zumindest keine sichtbaren, die sie heraushängen lassen können! Also eine Echsenart, die sich als Schlange tarnt. Hammer! Hab ich so noch nicht gesehen. Leider gibt es nur Handy-Fotos.
Morgen werden wir also wieder früher aufstehen müssen (chek out ist angesagt) und dann zur Lightstation fahren. Danach eine Wanderung und eventuell noch in das Koala-Gebiet. Dann noch eine Nacht in Apollo Bay verbringen und anschließend Richtung Cape Bridgewater weiter fahren. Die Unterkunft dort ist dank Internetz schon gebucht. Doch leider brach kurz danach die Verbindung ab, unser Zugang war wohl durch Irrungen und Verwirrungen bei der Buchung abgelaufen und die Rezeption war nicht mehr besetzt. Also hab ich die Berichte von gestern und heute in einem normalen Editor verfasst und schon mal alles, also auch die Fotos, für den Upload vorbereitet. Sobald ich wieder Zeit und Internetz habe, lade ich alles hoch. Doch jetzt werde ich mich bei offener Veranda-Tür vom Meeresrauschen in den Schlaf wiegen lassen. Es wäre so schön gewesen, wenn Andrea das auch noch einmal hätte erleben dürfen.
Kleine Bildergalerie
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