Entlang der Levada do Rei

Wir wandern entlang der Levada do Rei zum Wildbach Ribeiro Bonita

Ralf

6 Min. Lesedauer

Heute stand, wie bereits angekündigt, eine Wanderung entlang der Levada do Rei auf dem Programm. Diese Wanderung ist gemeinhin bekannt als eine der schönsten Wandertouren auf Madeira. Zumindest behaupten dies Reiseführer und Wander-App. Letzterer habe ich diesen Vorschlag denn auch entnommen. Der Weg soll fast ohne Steigungen sein und Start- und Endpunkt ist das Café Quinta do Levada do Rei. Ideale Vorraussetzungen also.

So machten wir uns am späten Vormittag auf den Weg in die Nähe von São Jorge, wo dieser Wanderweg aller Wanderwege Madeiras beginnt. Die Straße in diese Richtung habe ich ja schon in einem Artikel zuvor beschrieben. Es hat sich seitdem nichts geändert. Dank Navi und der Kenntnis, dass die Straße am Meer lang so gut wie unbefahrbar ist, haben wir den Startpunkt der Wanderung recht schnell erreicht. Wenn gute 50 Minuten für 32 km ohne Ampeln als schnell gelten kann. Ebenso schnell waren wir auf dem Wanderweg, der hinter einem Staubecken für die Levada begann. Dem Weg zu folgen, sollte recht einfach werden. Immer der Levada nach, entgegen ihrer Fließrichtung.

Was eigentlich eine Levada ist? Ganz einfach: Ein Bewässerungskanal, der das in den Bergen im Norden Madeiras reichlich vorhandene Wasser gezielt zu den landwirtschaftlichen Anbaugebieten im deutlich trockeneren Süden bringt. Ihr kennt ja schon mein Geschimpfe über die ständige Wolkendecke im Norden. Aber diese und die daraus resultierenden jährlichen Niederschlagsmengen von bis zu 2.000 mm, die sich vor allem in den als natürliche Barriere wirkenden Bergen abregnen, sorgen für einen wasserreichen Norden. Dumm nur, dass eben wegen dieser steilen Berge im Norden kaum Landwirtschaft betrieben werden kann. Viel Wasser, kaum Land! Im flacheren Süden hingegen gibt es deutlichst mehr landwirtschaftlich nutzbare Fläche, aber kaum Regen. Der ist ja im Norden an den Bergen hängengeblieben. Was machen also die einfallsreichen Madeiraner? Sie bauen Bewässerungskanäle, die teils große Strecken Richtung Süden zurücklegen. Da solche Bewässerungskanäle gehegt und gepflegt werden müssen, läuft neben ihnen oftmals ein schmaler Weg, ursprünglich gedacht für die Arbeiter, die diese Wartungsarbeiten vornehmen. Heutzutage werden sie als Wanderwege gepriesen. Und auf genau so einem befanden wir uns nun.

Zuerst ging es ein wenig den Berg hinauf, dank Stufen aber kaum ein Problem. Danach führte der Weg, wen wunderts, immer weiter in den Berg hinein. Nach und nach blieb auch das letzte bisschen Zivilisation hinter uns und der Urwald setzte sich immer mehr in Szene. Der Anfangs noch komfortabel breite Weg wurde zusehends schmaler und verschwand auch schon mal ganz, so dass auf den Randsteinen der Levada balanciert werden musste. Diese Momente waren aber eher selten. Rechts der steile Berg und die Levada, daneben der Weg und der ebenso steile Abgrund. Was für ein Bild. Da es hier aber nun mal sehr feucht ist, war der Abgrund gut bewachsen. Das nahm ihm leider etwas die Dramatik.

Der Weg war in der Tat ein eher ebener Weg mit unmerklicher Steigung. Daher konnten wir trotz der manchmal etwas schwierigen Wegpassagen zügig voranschreiten. Das häufigste und größte Hindernis waren die entgegenkommenden Wandersleute. Dieser Weg ist, weil ja angeblich der schönste, gut besucht. Es wird empfohlen, den Weg früh zu gehen. Früh ist im Urlaub nicht unbedingt unser Ding, daher mussten wir von vornherein mit Gegenverkehr rechnen. Das Gute war aber, dass so gut wie niemand mehr in unsere Richtung unterwegs war. So dauerte es auch nicht lange und wir hatten den Weg größtenteils für uns. In vielen Kehren und Windungen ging es voran. Immer am Berg lang. Links der Abgrund, dann der Weg, die Levada und die grüne Felswand. Nach drei Kilometern hat sich nicht viel geändert. Rechts die Felswand, dann die Levada, der Weg und der Abgrund.

Plötzlich und unerwartet eine Änderung im Programm. Wir mussten durch einen niedrigen, schmalen und kurzen Tunnel, den wir uns mit der Levada teilten. Etwas später dann ein Wasserfall, der munter auf die Hangsteine der Levada plätscherte. Da gab es kein Vertun, wir mussten hinter dem Wasservorhang durch, um nicht ganz nass zu werden. Auf dem inneren Randstein der Levada zu balacieren und dann noch darauf achten, dass man nicht in den Wasserfall geriet? Das war Andrea denn doch zuviel des Guten. So beschlossen wir, hier umzukehren, um nur wenig später und ein paar hundert Meter hin und her zu beschließen, dass ich es doch noch allein zum schönen Bach wagen sollte. Also wieder zurück zum Wasserfall, Andrea ein Plätzchen zur Rast gesucht, Regenjacke über Kopf und Fotorucksack gestülpt und ab durch die Nässe. Der Wasserfall war schließlich gar nicht so schlimm. Hinter dem bin ich gut durchgekommen. Danach hing jedoch jede Menge Grünzeug an einem Übersprung und tropfte mich munter nass. Da war nichts mehr mit ausweichen. Dank der übergeworfenen Regenjacke war es aber kein nennenswertes Problem. Darum zügig weiter zu der Stelle, an der der Gebirgsbach Ribeiro Bonita (Schöner Bach) die Levada do Rei mit Wasser füllt und die auch gleichzeitig das Ende des Weges bildet.

Ich mach es kurz: Das Ende des Weges war schnell und ohnen nennenswerte Vorkommnisse erreicht. Wie schon auf dem Weg hierhin bot sich auch hier kein so überragendes Erlebnis, wie es die Wanderführer einem weißmachen wollen. Der aus einem engen, mit dichtem Urwald bewachsenen Talkessel schmalbrüstig plätschernde Gebirgsbach wird größtenteils in die Wasserrinne der Levada umgeleitet. Das wars. Es sieht nett aus, war jetzt, um es salopp zu formulieren, aber auch nichts, was mich vom Hocker reißt. Vielleicht bich ich ja durch Australien ein wenig zu verwöhnt. Vielleicht ist der Bach in der Regenzeit ja deutlich imposanter und poltert mit lautem Getöse gen Tal. Aber möchte ich dann hier sein? Ich weiß nicht.

Der Weg zurück bedarf keiner besonderen Erwähnung, war es doch der selbe wie der Hinweg. Nein, stimmt nicht ganz. Etwas hatte sich dramatisch verändert: Die grüne Felswand war jetzt links, dann die Levada, der Weg und rechts der Abgrund.

Am Auto angekommen waren wir trotzdem froh, diesen Weg gegangen zu sein. Auch wenn er nicht die Abwechselung bot, die die Reiseführer versprachen, ist es doch ein recht schönes fleckchen Erde, dass wir da gesehen haben. Nur die vollmundig angekündigten Aha-Effekte haben gefehlt, was, wie schon erwähnt, an unseren australischen Erfahrungen liegen mag.

Übrigens: Alle Fotos findet ihr hier

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