Halbinsel São Lorenço

Felsige Pfade auf der Halbinsel São Lorenço

Ralf

7 Min. Lesedauer

Das Ziel unserer heutigen Unternehmung war das östliche Ende der Insel Madeira, die Halbinsel São Lorenço. Da das Gelände der Halbinsel im Vergleich zum Rest der Insel eher flach zu nennen ist, fällt hier kaum Niederschlag. Daher ist sie im Gegensatz zum restlichen Madeira kaum mit Pflanzen bewachesen und entsprechend karg. Nur im Frühjahr sollen die Wiesen grün und mit blühenden Blumen durchsetzt sein.

Auf dem Weg dorhin, diesmal über die Schnellstraßen Richtung Funchal und Flughafen, unterquerten wir die anfnags der Artikelserie bereits erwähnte auf unzählige Stelzen erbaute Start- und Landebahn des Flughafens. Leider nimmt man auch auf Madeira das Parken auf der rechten Spur einer Schnellstraße zwecks Fotoshooting recht übel. Da ich mir nicht den Zorn der Einheimschen und der vielen Touristen zuziehen wollte, habe ich notgedrungen auf das Fotografieren dieses Bauwerks verzichtet. Der Versuch, es dann doch noch vom Gipfel des Berges unseres Wanderziels ins Korn zu nehmen, war von zweifelhaftem Erfolg gekrönt.

Je weiter wir nach Osten kamen, desto deutlicher wurde das, was der Reiseführer versprochen hatte. Die Berge wurden flacher (was man so flach nennt auf Madeira) und die Vegetation spärlicher. Auf dem Weg zum Parkplatz am Ende der östlichsten Straße verschwand die Vegetation fast gänzlich. Nur noch Gräser und am Straßenrand gepflanzte Palmen zierten das Bild. Von den Palmen einmal abgesehen hielte die Landschaft einen Vergleich mit dem Norden Irlands stand. Na vielleicht nicht ganz - Nordirlands Gras ist grüner. Eher so ein Zwischending aus Nordirland und australischem Red Center, denn der Sand hier ist auch rötlich bis braun.

Am Parkplatz angekommen bestätigte sich die Aussage des Reiseführers, dass der Wanderweg stark frequentiert sei. Es standen eine Menge Autos hier rum und eine Menge Menschen tummelten sich in der Gegend. Ist ja eher nicht so unser Ding, aber wir wollten diesen Weg nun mal gehen und da wir schon mal hier waren … Der Weg selbst wurde beschrieben als leicht begehbarer Weg, der eine gute Grundkondition aber kein besonderes Können erfordert. Angezeigt waren ca. 7 km Länge und 230 Höhenmeter, ein schöner Weg also für einen Mittagsspaziergang. Es kam dann doch ein klein bisschen anders.

Auf dem Weg zum Ende der Halbinsel, dass durch den Pico do Furado, einem kleinen Hügel von 150 Metern Höhe definiert ist, ging es bergauf bergab von einem Aussichtspunkt zum nächsten. Auf der Nordseite der wilde Teil des Antlantik, wo Wellen und Wind ungehindert auf die Küste treffen. Auf der Südseite der ruhige Atlantik, der im Wellen-Lee der Insel liegt und zum Baden und Tauchen einlädt. Das schöne an diesem Weg ist, dass man die beiden so unterschiedlichen Seiten gleichzeitig sehen kann, denn die Halbinsel wird teilweise recht schmal.

An den vielen Aussichtspunkten konnte man erkennen, dass dieser Weg von sehr vielen Touristen begangen wird. Nicht etwa am Müll, es war für die Verhältnisse erstaulich sauber hier, sondern an den Mauerechsen. Diese Spezies ist überall auf Madeira vertreten und eher scheu. Nähert man sich ihnen, huschen sie wie der Blitz von dannen. Nicht so hier. Kaum hatte ich meinen Fotorucksack abgelegt, kamen einige dieser Gesellen und inspizierten neugierig den Inhalt. Vielleicht gab es ja was fressbares? Nein, gab es nicht. Trotzdem war es nicht einfach, die Echsen davon zu überzeugen, dass sie in dem Rucksack nichts zu suchen hatten. Von Scheu nicht die geringste Spur.

Im weiteren Verlauf des Wanderweges kamen wir schließlich zu einem Grat, an dem besonders wenig Insel für den Wanderer übrig blieb. Und hier setzte ein Problem ein. War der Weg wie erwähnt anfangs noch breit ausgebaut und teils mit Holzstegen versehen, änderte sich schon vor diesem Grat das Bild zusehends. Aus dem breiten Weg wurde mal breiterer, mal schmalerer Pfad auf felsigem Untergrund. Dank des vulkanischen Ursprungs mit teils schroffen Kanten und Rillen. Alles kein Problem, wären da nicht die steilen Abhänge gewesen. Was mir selbst noch nicht einmal so richtig aufgefallen ist, weil steile Abhänge einfach Madeira-Alltag sind und ich keine Höhenangst habe, wurde für Andrea doch zusehends zur Belastung. Zuerst haben sie noch die fantastischen Ausblicke fesseln können. Aber spätesten an dem Grat war es dann vorbei. Mit Blick auf den vorausliegenden Pico do Furado und den bisher schon zurückgelegten Höhenmetern beschloss meine bessere Hälfte, alleine umzukehren und am Auto auf mich zu warten. Ich sollte ihrer Meinung nach weiter gehen, den Hügel erklimmen und dort Fotos machen. Das ich mit ihr zurück gehe, wollte sie nicht.

Also bin ich mit einem etwas mulmigen Gefühl weiter, während meine bessere Hälfte den Rückweg antrat. Zuerst hieß es, den Grat vollends zu überqueren und dann durch eine Ebene hindurch den kurzen und steilen Anstieg zum Pico do Fuardo in Angriff nehmen. War die Ebene nach der bisher zurückgelegten Strecke noch Erholung pur, war der Aufstieg das genaue Gegenteil. Kurz und steil trifft es recht gut, wenn man berücksichtigt, dass kurz auch schon mal ganz schön lang werden kann. Jedenfalls haben es die in den Felsen gehauenen Stufen im oberen Teil in sich. Jede hat natürlich eine andere Höhe und bei manchen ist durch Auswaschungen das als Handlauf angebrachte Seil so weit nach oben gerückt, dass kleinere Menschen es nicht mehr erreichen können. Obwohl es wirklich nicht sonderlich hoch hinaus ging, hat mich dieser Aufstieg kurzzeitig an die Grenze meiner Belastbarkeit gebracht. Mehr als jede andere bisher vollzogene Wanderung. Vielleicht hing es auch damit zusammen, dass wir uns während der ganzen Unternehmung stets in der prallen Sonne ohne einen Hauch von Schatten bewegt haben. Oben angekommen habe ich natürlich die mir aufgetragene Aufgabe erledigt und eine Menge Fotos gemacht. Dabei konnte ich dann auch den landenden Flugmaschinen zusehen. Leider war der Flughafen recht weit entfernt und lag in einem dichten Dunstschleier, somit waren keine vernünftigen Bilder möglich. Eins habe ich aber trotzdem weiter unten eingeschoben.

Der Rückweg zum Auto war dann weniger spektakulär als anstrengend. Natürlich war es wieder ein ständiges auf und ab. Mit einigen aus Neugier eingelegten Umwegen kam ich am Ende auf eine Strecke von 8,6 km und 413 Höhenmeter. Am Auto erwartete mich Andrea mit frischem Wasser und Obst. Wie schön, denn das mitgenommene war vollends aufgebraucht! Sie selbst war nach eigener Aussage noch gar nicht so lange zurrück und hatte sich an einem Verkaufswagen erst einmal mit Getränken versorgt und in den Schatten einer Palme gesetzt.

Auf der Rückfahrt haben wir uns dann für den Weg über die Landstraßen nach Santana, São Jorge und Seixal entschieden. So haben wir schließlich auch den östlichen Teil Madeiras komplett umfahren. Natürlich war die Landstraße wieder ein Abenteuer und wand sich in engen Kurven auf die hier nun wieder vorhandenen schwindelnden Höhen. Und natürlich war das Stück ab Santana das nun schon mehrfach erwähnte Lieblingsstück an Straßen auf Madeira. Selbst das Auto kannte diesen Abschnitt schon so gut, dass es die Strecke fast alleine gefahren ist.

Wo wir den Abend verbracht haben, brauche ich ja wohl kaum noch zu erwähnen. In der Lounge Bar wurden wir von Cao mit Schwanzwedeln und kalter Schnauze herzlich begrüßt. Cao heißt Hund und um einen solchen handelt es sich auch. So einen hätte ich auch mal gern. Der Besitzer empfing uns natürlich nicht minder freundlich und als es nach dem Essen um den üblichen Premium Rum als Apperitif ging, bekam ich den ersten umsonst. Originalzitat: “First glas of a new Bottle is for free”. So lass ich mir das gefallen.

Übrigens: Alle Fotos findet ihr hier