Von Lismore bis Ullapool

Zwei Ausflüge in einem post

Ralf

6 Min. Lesedauer

Wieder an der Zeit, dass ich mich melde. In den letzten drei Tagen haben wir einiges und einiges nicht unternommen.

Vorgestern ging es mit einer kleinen Personenfähre von Port Appin rüber zur Insel Lismore. Die Fähre fährt von unserem Stamm-Restaurant, dem Pier House, aus ca. 10 Minuten bis zur Insel. Bei schönstem Wetter haben wir uns auf den Weg gemacht, die Insel zu erkunden. Es gibt zwei Rundwanderwege dort. Der erste am einen Ende der Insel. Er beginnt direkt am Fähranleger. Der zweite am anderen Ende, wo auch eine Fähre anlegt, nämlich die Autofähre von und nach Oban. Beide Wege sind über eine Straße miteinander verbunden und liegen ca. vier Meilen auseinander.

Da der Wanderweg auf unserer Ankunftsseite relativ kurz ist, beschlossen wir erst einmal in Richtung des zweiten, längeren, zu gehen. Dabei würden wir schon gut ein Drittel des kurzen Weges abschreiten. Außerdem wurde uns von einer uns aus dem Pier House bekannten Dame berichtet, dass es auf dem von uns geplanten Weg ein schönes Kaffe gebe. Sie selbst setzte mit uns über und nutzte ihren freien Tag und das schöne Wetter, um die Insel mit dem Fahrrad zu erkunden.
Wir also zu Fuß los in Richtung Café. Schon nach kurzer Zeit stellte sich heraus, dass der Weg, wie eigentlich fast alle Wege auf Lismore, die ganze Zeit geteert sein würde. Die Insel ist sehr schmal und sehr lang und Wege gibt es nur als Straßen. Der Rest ist Acker oder Weideland für Schafe. Dafür hatte ich dummerweise die falschen Wanderschuhe an. Ich war auf den Mix von Morast und Steinen eingestellt, wie er für Schottland so typisch ist. Für das ausschließliche Wandern auf Straßenbelag waren meine Sohlen definitiv zu hart. Als wir endlich am Café ankamen, waren meine Füße froh, eine kleine Pause einlegen zu dürfen. Das Café hatte einen Sonnenterrasse und genug frei Plätze in der Sonne. Die schien schon den ganzen Tag mit voller Kraft. Keine (na ja – kaum eine) Wolke am Himmel zu sehen. Kein Wind! Dazu unterwegs immer wieder herrliche Blicke über das Wasser auf’s Festland. Es war wirklich traumhaft. Kein Wunder, dass wir viel mehr Zeit auf der Terrasse verbracht haben als eigentlich geplant. Kein Wunder auch deshalb, weil die Aussicht auf einen Rundweg über Straßen kein wirklicher Ansporn zum Aufbruch war. Aber irgendwann mussten wir dann doch los, denn schließlich galt es ja immer noch, die Fähre zurück zu erreichen. Auf dem Hinweg hatten wir einen Abzweig zu Überresten von einem alten Gemäuer gesehen, dass ich mir noch ansehen wollte. Der Weg dahin ging größtenteils, wie sollte es auf Lismore auch anders sein, über eine Straße. Nur die letzten hundert Meter durfte ich über das satte Grün der Schafweiden bergan zum Gemäuer laufen (meine Liebste ist derweil lieber unten an der Straße geblieben). Es ging mitten durch die Schafe mit ihren vielen Lämmern zu einem dem Meer zugewandten steilen Abhang, auf dessen höchster Erhebung noch ein paar Steinreihen eines ehemaligen Turms standen. Von dort oben gab es einen grandiosen Ausblick, der natürlich im Bild festgehalten wurde.
Ein Ermahnungsruf von unten erinnerte mich daran, dass eine Fähre nicht wartet, ich hätte noch stundenlang hier oben verweilen können. Durch meine Trödelei war nun Stechschritt angesagt, was besonders meiner Liebsten zu schaffen machte, denn auch sie mag diese Pflastertreterei nicht wirklich. Wir haben es aber gemeinsam geschafft und waren noch vor der Fähre am Anleger. Unser Fazit: Trotz der Wege einen schönen Tag auf Lismore verbracht und uns einen Sonnenbrand geholt! In Schottland!! Wär hätte das gedacht.

Gestern sollte es eigentlich nach Tobamory gehen, Whisky kaufen. Bei dem schönen Wetter hatte ich aber keine Lust, mich ins Auto zu setzen. Also ging ich in mich, fragte mich, ob ich den Whisky wirklich brauche, kam zu dem Schluss das nein, legte mich draußen im Garten auf die Bank und schon war der Tag um. Nicht ganz, aber so in etwa ist es tatsächlich gelaufen. Ich hab bei dem erneut schönen Wetter die Bank der Bewegung vorgezogen und meine Liebste war auch nicht traurig darum, nicht nach Tobamory zu kommen. Schließlich waren wir beide schon mal dort, ich sogar zwei mal. Und beide sind wir der Meinung, dass mehr als einmal nicht notwendigerweise sein muss. Obwohl – dieser im Portweinfass gereifte Whisky … Auf der Bank im Garten war es so herrlich ruhig. Nur das Summen der kleinen Insekten, das unglaubliche Brummen der fetten Hummeln, das Schreien der Möwen und Gänse, das Gezeter der Spatzen und der Gesang diverser Singvögel, untermalt vom ganz seichten Rauschen desMeeres war zu hören und ließen mich den Whisky gänzlich vergessen. Keinerlei durch Mensch und Maschine verursachte Geräusche. Das war so beruhigend, dass ich darüber auf der Bank ein wenig eingeschlafen bin.

Abends dann sind wir ins Pier House Essen gegangen. Wir hatten Glück und konnten einen der begehrten Tische draußen auf der Terrasse ergattern. Eine Möhrensuppe mit Koriander sowie Knoblauchbrot zur Vorspeise, Fish & Chips und Austern zum Hauptgang, dazu Bier und zum Abschluss eine Oban Destillers Edition 2017 rundeten den Ausgang eines sonnigen, erholsamen Tages ab.

Erholung tat auch not, denn heute ging es nach Ullapool. Bis dahin sind es ca. 150 Meilen, für die man ca. vier Stunden Fahrt rechnen muss. Wir wollten aber unbedingt diesen Teil der Küste sehen, da diese Region Ziel unserer nächsten Schottlandreise werden könnte. Wettertechnisch war der Tag heute ideal. Hier in Port Appin sollte es über Mittag drei bis vier Stunden regnen. In Ullapool sollte es, wenig überraschend, nicht viel besser sein. Dazu muss man wissen, dass Ullapool die Stadt mit den wenigsten Sonnenstunden in Europa ist. Hat mit dem Golf-Strom zu tun, der dort vorbei kommt und für ein beständig mildes Klima aber eben auch viele Wolken sorgt. Regentechnisch ist Ullapool übrigens nicht, wie man vielleicht erwarten würde, auch die nasseste Stadt Europas. Das ist Bergen in Norwegen.

Die Fahrt nach Ullapool ging unter Umgehung der A9 über zweispurige Landstraßen, war also recht unproblematisch. Wenn man von den vielen Campingmobilen und anderen Schleichfahrern absieht, die einem das Fortkommen schon mal erheblich erschwerten. Wer Schottlands Landstraßen, insbesondere die in den Highlands, kennt, weiß wovon ich rede. Diese Straßen bestehen nur aus Kurven, nur selten einmal ein gerades Stück. Und wenn dann eins kommt, hat man Gegenverkehr. Überholen schwer gemacht. Wir haben es jedenfalls in der avisierten Zeit geschafft und waren gegen Mittag in Ullapool, der größten Ansiedlung im schottischen Nordwesten. Zu Ullapool gibt es nicht viel zu sagen. Nicht sonderlich schön, nichts herausragendes, aus meiner Sicht keine Reise wert. Dafür aber ganz schön teuer.

Anders die umliegende Landschaft. Highlands pur. Überall Wanderwege in der Highland-Natur. Einsamkeit und Ruhe sind nur einen (symbolischen) Steinwurf entfernt. Für uns hat sich die Fahrt gelohnt. Wir werden wohl noch etwas weiter nördlich unser nächstes Ziel für Schottland festlegen.

Auf der Rückfahrt haben wir dann noch einen Abstecher in die Berge gemacht, was zu meiner großen Freude und meiner Liebsten Entsetzen dank eines Fehlers im Navi in einer harten Berg- und Talfahrt auf einer sehr schmalen einspurigen Straße ohne Wendemöglichkeiten gipfelte. Irgendwann bemerkte das Navi dann wohl, dass die Straße uns nicht dahin bringen würde, wo wir eigentlich hin wollten und empfahl uns zu wenden. Gott sei Dank kamen irgendwann ein paar Häuser und damit auch die ersehnte Wendemöglichkeit. Zeitverlust: Eine gute Stunde. Spaßfaktor: Unbezahlbar! Achtung: Meine Liebste könnte vielleicht anderer Meinung sein :)

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