Dörfer-Tour
Von Dörfern, Klöstern und Museen

Zeit, dass ich mich mal wieder etwas schreibe, auch wenn wir es in den letzten Tagen ruhiger haben angehen lassen. Unter solchen Bedingungen braucht es ein wenig Zeit, bis wieder genug berichtenswertes zusammengetragen werden konnte. Nun denn, fassen wir die letzten Tage zusammen:
Da sich meine Liebste bei der letzten Wanderung eine dicke Blase eingehandelt
hatte, konnten wir nicht allzu viel und allzu weit laufen. Aus der geplanten
Erkundung der Gegend rund um Kaysersberg wurde daher die Erkundung von
Kaysersberg selbst. Auf der Fahrt dorthin haben wir eine Strecke gewählt, die
uns entlang der Elsässer Weinstraße (Route des Vins d’Alsace) führte. Es ging
also am Rande der Vogesen über die Landstraße. Hinweg über die Hügel und
hindurch durch die Täler der Vogesen, fast immer umgeben von Rebstöcken.
Und nicht selten ausgebremst durch die teils seltsamst anmutenden Erntefahrzeuge
der Weinbauern. Diese Fahrzeuge waren von der
Bauweise her sehr schmal und kurz. Was ihnen an Breite und Länge fehlte, machten
sie durch Höhe wieder wett. Das wiederum erklärt natürlich die niedrige
Geschwindigkeit. Ein klein wenig zu schnell in die Kurve und rummms - liegste
flach. Einen Elchtest würden die Dinger nie und nimmer bestehen. Müssen sie aber
auch nicht. Sie sollen zwischen den eng gepflanzten Rebstöcken agieren und dafür
schienen sie bestens gerüstet.
Trotz der “widrigen” Umstände haben wir Keysersberg erreichen können 😄. Ein schönes kleines Städtchen mit einem Stadtkern aus sehenswerten alten Häuschen und Häusern. Im Frühjahr sollen hier wohl viele Störche nisten, gesehen haben wir natürlich keine mehr. Na ja, stimmt nicht ganz. Eigentlich ist Meister Adebar allgegenwärtig. Als Stofftier, aus Holz geschnitzt, aus Blech getrieben, überall begegnet einem der Storch. Wie auch die vielen Touristen, die sich dieses schmucke Städtchen einmal näher ansehen wollen und zu denen wir uns natürlich auch zählen müssen. Trotzdem nicht ganz unser Fall und schon gar nicht in Corona-Zeiten. Also haben wir uns auf einen eher kurzen Rundgung begeben, bei dem einige Erinnerungsschnappschüsse geschossen wurden. Danach ging es schnell wieder zum Auto, um, einer Empfehlung Monsieur Bernards folgend, noch das Dorf Eguisheim aufzusuchen.
Eguisheim, oder in der deutschen Fassung Egisheim genannt, war vor einigen
Jahren einmal das schönste Dorf Frankreichs. So zumindest die Aussage unseres
Gastwirtes. Tatsächlich kann man nachlesen, dass es als eines der Plus beaux
villages de France klassifiziert ist.
Also ging es weiter an der Weinstraße entlang von Keysersberg nach Eguisheim.
Hinter der Ortseinfahrt sahen wir, sagen wir einmal normale, gepflegte Häuser mit
normalen gepflegten Vorgärten. In dieser Häufung von Gepflegtem zwar schon etwas
ungewöhnlich, aber trotzdem nichts, was uns wirklich vom Hocker gehauen hätte. Das
sollte reichen, um einen Titel zu gewinnen? Im Leben nicht! Also weiter Richtung
Zentrumsparkplatz, dort das Auto abgestellt und die Kirche angepeilt. Die fiel
uns direkt auf, weil unübersehbar zwei große Storchennester auf den Zinnen
tronten. Kaum hatten wir die Ringstraße überquert und den äußeren Häuserring
passiert, wurden wir um ca. 200 - 300 Jahre in die Vergangenheit versetzt. Da
waren sie, die alten, dicht an dicht stehenden bunten Fachwerkhäuschen in engen
Gässchen, die für den Titel verantwortlich zeichneten. Alles sehr gepflegt und
gut erhalten. Wirklich beeindruckend und schön. Den Titel hat das schmucke Dorf
zu Recht erhalten.
Natürlich war auch hier ein Rundgang angesagt, zumal lange nicht so viel
Touristen unterwegs waren wie in Kaysersberg. Leider ließen sich aufgrund
der schlechten Lichtverhältnisse - es ging schon auf Abend zu und die engen
Gassen ließen nicht meht viel Sonnenlicht herein - kaum vernünftige Fotos
machen. Die Farben der einzelnen Fachwerke verschwammen deutlich in Richtung
Grau, was dem tatsächlichen Eindruck einfach nicht gerecht wurde.
Für die Rückfahrt haben wir dann eine Route ausgesucht, die uns mehr durch die
Berge führen sollte. So ging es denn auch auf Nebenstrecken bergauf bergab mit
vielen Kurven und fantastischen Aussichten zurück nach Triemberg-au-Val. Und
weil uns diese Tour so gefallen und Bernard uns eine ähnliche Tour auf den Mont
Sainte-Odile empfohlen hat, sind wir am übernächsten Tag seinem Ratschlag
gefolgt und auf den Odilienberg gefahren. Zu Andreas großer Freude natürlich nur
über kurvenreiche Nebenstraßen. Dafür mit umso fantastischeren Aussichten auf
das Rheintal und die Täler der Vogesen. Doch eine wirklich bemerkenswert gute
Aussicht hat man vom Odilienberg aus. Eine Klosteranlage auf dem Gipfel lädt zu
einem Rundgang ein und eine große Terasse bietet eben diese grandiose Aussicht
auf das Rheintal, den gegenüber liegenden Schwarzwald und bei guter Sicht sogar
auf die Alpen. Straßbourg ist natürlich ebenfalls zu sehen.
Leider war es an diesem Tag bedingt durch die Hitze etwas zu diesig für eine
sehr gute Fernsicht und der Schwarzwald somit nur als Höhenzug zu erkennen.
Fotomotive gab es trotzdem genug.
Gestern hat uns Bernard seine beeindruckende Sammlung alter Musikautomaten
gezeigt. Dazu gehören Drehorgeln, automatische Klaviere und Spieluhren. Alles
Geräte aus den Anfängen der automatisierten Musik. Mit Stahlstiften gespickte
Walzen oder gelochte Blechscheiben bzw. Kartons bestimmen die gespielte
Melodei. Aufgezogene Federn oder Handkurbeln das Tempo. Alles funktionierte
und funktioniert immer noch rein mechanisch. In einer teils sprachlos machenden,
teils aber auch Ohrenkrebs erzeugenden Tonqualität und Lautstärke. Eingebettet
in Gehäusen, die selbst schon kleine Kunstwerke für sich darstellen. Einige
Automaten aus Bernards grandioser Sammlung stammen aus dem letzen Drittel des 19.
Jahrhunderts, die anderen meist aus dem frühen 20. Jahrhundert. Fast jeder
Automat ist noch voll funktionsfähig und wir durften einigen Kostproben
lauschen. „Faszinierend!“ würde der Spitzohrige Mr. Spock wohl
gesagt haben!
Neben den Musikautomaten hat Bernard eine nicht minder beeindruckende Sammlung
von Kunstwerken der Hinterglasmalerei. Dabei handelt es sich um meist religiöse
Motive, allerdings aus den verschiedensten Glaubensrichtungen. Die Werke stammen
hauptsächlich aus dem Elsass und Schwarzwald, es sind aber auch Stücke aus
anderen Regionen wie z. B. Transilvanien dabei - übrigens ganz ohne
Vampirabbildungen. Teile dieser Sammlung reichen bis in das 18. Jahrhundert
zurück!
Und als würde das nicht reichen, gibt es noch Sammlungen unterschiedlichster
Weihwasserspender und im starken Kontrast dazu die unglaublich aufwändig
verzierten Reservistenkrüge und Pfeiffen preussischen Soldaten.
Was gibt es sonst noch zu berichten? Eigentlich nicht viel. Wir genießen die
Ruhe, das schöne Wetter und die hervorragende Elsässer Küche. Zuletzt nahmen
wir eine gar köstliche Königinnenpastete im Le Sauloch zu uns. Obwohl mächtig
und heftig, es blieb nicht ein winziges Krümelchen übrig. Und erst gestern
gönnten wir uns Moules Frites. Je ein Riesentopf köstlicher Muscheln, für meine
Liebste Natur, für mich mit einer wunderbaren Currysauce. Dazu natürlich Fritten
und einen schönen Pinot Gris. Darüber, dass wir sowohl im Sauloch als auch
gestern noch Nachspeisen zu uns nahmen … darüber schweigen wir dann lieber.
Während meine Liebste weiterhin ihren Fuß pflegt, versuche ich zumindest
gelegentlich und doch vergebens durch Wald- und Wiesenwanderungen die
zugeführten Kalorien wieder abzubauen. Ein sinnloses Unterfangen, denn der
innere Schweinehund lässt sich im Moment nur allzu leicht davon überzeugen, dass
im Urlaub Ruhen nicht schlechter sei als Bewegung. Darum laufe ich derzeit viel
weniger als ich eigentlich müsste.
Wir vermeiden weiterhin wo immer es geht die Begegnung mit größeren
Menschenmengen. Frankreich ist zur Zeit in einigen Teilen ein Corona
Risikogebiet und immer mal wieder fällt auch das Departement Bas-Rhin darunter.
Allerdings gibt es keine Reisewarnung und die gemeldeten Fallzahlen dürften unter
anderem auf das deutlich höhere Testaufkommen zurückzuführen sein. Wir bleiben
trotzdem vorsichtig und gehen kein unnötiges Risiko ein. Das fällt in
Triembach-au-Val und Umgebung auch nicht besonders schwer, verbietet aber
Stadtbesichtigungen von z. B. Straßbourg, das von den französischen Behörden
als Risikogebiet eingestuft wurde. Ein Grund mehr, eine eher ruhige Kugel zu
schieben 😄
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