Stavanger

Der erste Halt: Stavanger

Ralf

4 Min. Lesedauer

Endlich raus aus dem Wackelpudding

In der Nacht war noch einiges an Gewackel auszuhalten. Teilweise neigte sich das Schiff so sehr, dass unsere Brillen vom kleinen Tisch rutschten. Gut, dass meine Liebste tief und fest schlief. Am Morgen dann war Ruhe! Wir waren in Stavanger eingelaufen und hatten im Hafen festgemacht. Selbst die Maschinen schwiegen, womit auch die leisen unterschwelligen Vibrationen verschwunden waren. Ein Blick aus dem Fenster zeigte uns den Hafen, aber auch eine graue Wand aus nordischem Regen. Genau das hatte uns die Wettervorhersage am Vortag vorausgesagt. Darum hatten wir Stavanger aus dem Fokus genommen. Auf Latschen durch nordischen Dauerregen hatten wir echt keinen Bock. Ein erneuter Blick auf die Wettervorhersage verhieß nun aber zumindest ein wenig Trockenheit in den kommenden Stunden. Optimistisch betrachtet sollte sogar die Sonner erblickt werden können. Na ja, der Blick nach draußen verhieß weiterhin eher nichts gutes. Und Sonne? Wo sollte die denn herkommen??

Aber erst einmal ab unter die winzige Dusche und dann Richtung Restaurant, denn das Frühstück war fällig. Reichhaltig und Lecker wie immer. Nach einer gemächlichen Stunde der Völlerei - quatsch, des Genusses muss es heißen - haben wir erneut die Wetterlage überprüft. Und siehe da, diesmal bestand sie den Test und wurde als ausreichend für einen Spaziergang eingestuft. Also nichts wie rein in die Jacken und raus aus dem Schiff.

Das erste, was angegangen werden musste, war eine Aufnahme der MS Finnmarken von außen. Wie gut, dass neben dem Anleger ein Pier ein wenig in das Wasser hinter dem Schiff reichte. So konnte ich eine einigermaßen günstige Perspektive für eine Aufnahme mit der kleinen Kamera bekommen. Die beiden großen blieben auf dem Schiff zurück. Die Canon ist schon fest auf dem Stativ montiert und für die Aufnahme von Nordlichtern voreingestellt. Die Bridge habe ich wegen des doch miesen Wetters zurückgelassen. Was will man da schon fotografieren? Alles Grau in Grau. Und mit der Sonne war nun wirklich nicht zu rechnen. Eine Fehlentscheidung, wie sich nur wenig später herausstellte. Aber nicht wegen einer tatsächlich nie gesehenen Sonne.

Die Altstadt von Stavanger liegt direkt am Hafen. Zumindest das, was wir für die Altstadt hielten. Gleich hinter der Hafenstraße gingen kleine Gässchen ab, die durch ihre Holzhäuschen und den Lichterschmuck unsere Aufmerksamkeit auf sich zogen. Also nichts wie rein in die Gassen und staunen. Jede Gasse hatte ihren eigenen Lichterschmuck. Von vielen bunten Lichtern über Herzen und Kugeln bis hin zu Schneemännern. Mit den bunten Holzhäusern, zwischen denen der Lichterschmuck gespannt war, ein so schönes Bild! Und genau dieses hätte ich mit der Bridge deutlich besser in Szene setzen können. Aber für ein Zurück war jetzt keine Zeit mehr.

In den kleinen Holzhäusern waren viele Geschäfte untergebracht. Die meisten hatten, weil es Sonntag war, geschlossen. Aber nicht alle. Insbesondere ein Laden erweckte unsere Neugier. Ein Geschäft, in dem Weihnachtsschmuck jeglicher Coleur angeboten wurde. Natürlich handelte es sich um nordischen Schmuck. Also gab es jede Menge Wichtel und ganz tolle, handbemalte Christbaumkugeln. Im Schaufenster wurden wir eines Schlittens mit Weihnachtsmann und großer Schneekugel im Gepäck ansichtig. Schnell waren wir uns einig, das genau dieser Schlitten das richtige Geschenk für Birgit wäre. Also rein in den Laden und den Schlitten, der letzte seiner Art, erworben. Nach dem Kauf machte uns der Inhaber noch auf eine obere Etage aufmerksam, die wir unbedingt aufsuchen sollten. Sie wäre voll mit Weihnachtsartikeln. Aber das war doch die untere Etage auch schon! Und schon hier konnte ich mich kaum losreißen von den vielen kleinen und schönen Dingen, die uns feilgeboten wurden. Aber gut, die schmale Treppe hinauf in die erste Etage und den Mund nicht mehr zu kriegen. Der gute Mann hatte nicht zu viel versprochen. So viel weihnachtliches in zwei Räumen. Wenn wir nicht um 12:45 Uhr spätestens auf dem Schiff sein müssten, ich wäre immer noch in dem Laden.
Meine Liebste, die gauso begeistert war, meinte nur, dass wir schnell arm wären, wenn wir uns jetzt hinreißen lassen würden. Womit sie nicht ganz unrecht hatte, denn die aufgerufenen Preise sind für uns “Südeuropäer” nicht von schlechten Eltern. Und der Kaufrausch wäre maßlos gewesen. Also mussten wir uns schweren Herzens von dem Anblick trennen und wieder zurück zum Schiff laufen. Aber immerhin hatten wir ja einen tollen Fang gemacht. Birgit wird sich bestimmt freuen.

Wieder auf dem Schiff haben wir den Rest des Tages mit Essen und in den Aussichtsesseln verbracht. Zwischendurch hat sich bei einem Sektempfang die Führungscrew vorgestellt und anschließend zum Adventssingen mit Glühwein und typisch norwegischem Gebäck eingeladen. Nun sind wir auf dem Weg nach Ålesund und bewegen uns größtenteils in ruhigeren Gewässern. Morgen also mehr auf diesem Kanal.